Wir über uns

Die Kaponniere ♠ ♣ ♥ ♦

Das Militär wohnt hier nicht mehr, es ist in seine uniformen Kasernenkisten der Neuzeit gezogen. Hoher, spitzer Draht als Zaun, ein träges, automatisches Tor als Tür.

Zurückgelassen haben die Soldaten einen malerischen Festungsbau aus rotem Backstein: unsere Kaponniere; seit damals schmiegt sie sich in den still schimmernden Arm des Künettegrabens, von ihrem grünen Dach schauen die Bäume ins Wasser.

Sie prägen Ingolstadt, all die Festungsbauten aus diesem roten Backstein, mit den vertrauen Rundbögen; verleihen den Straßen, den Parks, dem Bild der Stadt seinen eigenen Charakter. Ingolstadt ohne Schanz, undenkbar. Jedem einzelnen Bau wurde vom Landfestungsklassizismus des frühen 19. Jahrhunderts eine ihm eigene Funktion und Form im Mauerpolygon verliehen, sei es Kavalier, Bastei, Fronte, Turm oder Kaponniere.

Heute, die Soldaten haben die alten Mauern schon lange verlassen und sie den Bürgern, den Künsten, den Ämtern vermacht. Die Funktionen sind neu verteilt, meist anständiges, was man eben so braucht. Jedoch, ohne militärischen Drill oder zivilen Bedarfsanspruch musste irgendwann einem Mitglied der Festungsfamilie das Los des „schwarzen Schafs“ in den Schoß fallen, und wem?, richtig, der kleinen Kaponniere am Künettegraben.

Hier gab es immer ein letztes Bier für alle Unersättlichen. Das Naserümpfen der sonntäglichen Kirchgänger war dafür umsonst. Das ist noch nicht so langer her. Der Exzess der „noughties years“ ist überstanden und verblichen, Adieu an Daytona und Batterie, das Gebäude durfte durchschnaufen. Nach kurzem Leerstand haben wir uns eingenistet, mittlerweile ist es schon ein Jahr her.

„Wer sind die denn jetzt?“, seufzt die seen-it-all-know-it-all Kaponniere, als wir im Mai 2016 mit einer Renovierung vor der Tür stehen. Wir, das ist ein buntes Kollektiv aus Ingolstadt, zusammengekommen wegen und zusammengewachsen mit diesem einstigen Teil der Festung, dem früheren schwarzen Schaf, frisiert und gefärbt, unserem Kap ’94.

Es sollte mehr werden.

Ein neuer, gemeinsamer Ort. Einst versiegelte Fenster sind wieder offen, die Sonne scheint durch Tunnelgänge. Für viele Abende, nach den Nächten schmunzelnd gehen, gespannt kommen, treffen, talken, tanzen. Kunst von Kunstschaffenden für Kunstaffine, leises Rauschen aus den Ateliers, Theater, Kleinkunst und eine solide Bar, tagsüber tummeln sich Kinder, abends wummern die Bässe, DJs, Bands, Alleinunterhalter, Jazz, Blues, Reggae, Elektronisches.

Sollte es auch laut sein, es gibt genug stille Ecken zum verschnaufen, schauen, Salzstangen futtern. Du willst etwas starten, deine Fete, meine Feier, der Geburtstag deiner Tante, du hast eine Idee und brauchst nur noch einen passenden Spot, komm rum, komm ran, sag „Hallo!“. Dieser Ort wird dir gefallen.

Das Gebäude ächzt auch nicht mehr, es merkt, wir meinen es gut mit ihm, die neue Rolle wird angenommen, dankbar bleibt es einfach weiter so malerisch einladend liegen wie an seinem ersten Tag vor knapp 200 Jahren.

„Servus, wir sind das Kap 94. Bis bald.“